Sicherheit bei Veranstaltungen: "Handbuch"?

  • Hallo, ich habe eine Frage an euch: Ein guter Kumpel und ich stehen kurz vor der Unternehmensgründung, lassen uns also gerade von Juristen etc. beraten, wie wir das am Besten aufziehen. Wir sind noch sehr jung (18 u. 19) und machen VA schon relativ lange auf freiwilliger Basis in der Schule bei ziemlich allem an Auftritten. Ich beginne nächstes Jahr (hoffentlich) die Ausbildung zum Veranstaltungstechniker. Jedoch sollte bis dahin bei Veranstaltungen, die wir technisch ausstatten/betreuen nichts passieren und möchten uns deswegen mal genauer informieren, was denn jetzt genau wie sein muss. So grundlegende Dinge wie Standsicherheit von Stativen, Brandschutz mit Bühnendeko etc, Sicherung von Scheinwerfern ist klar, aber gibt es eine Art Handbuch, wo alles nochmal gut zusammengefasst wird, das ihr empfehlen könnt? Richtung Thema Versicherungen, wo ich welche Kennzeichnung/Warnungen hinkleben muss, aber auch so Sachen wie Fluchtwege. Gibt es sowas überhaupt?


    Danke im Voraus
    Aco//Markus

  • In der BGI 810-3 steht viel sinnvolles drin, ist aber wie der Name verrät nur eine Informationsschrift. Würde ich trotzdem als Branchenstandart bezeichnen und wenn man sich dran hält, sollte eigentlich nichts schief gehen.
    Das zweite ist die (Muster-)Versammlungsstättenverordnung, leider von Bundesland zu Bundesland etwas unterschiedlich, aber da steht viel wichtiges zu Fluchtwegsbreiten etc. drin.
    Das hier ist auch ganz spannend, hier geht es ein bisschen um die qualifikationen, die für bestimmte Bereiche benötigt werden: http://www.ihk-bonn.de/fileadm…/Versammlungsstaetten.pdf


    Super das du die Ausbildung zur Fachkraft macht, aber wegen der Unternehmensgründung bitte an ein paar Sachen denken und gut vorher abklären lassen: Was dürft ihr überhaupt ohne Ausbildung machen? Welche Verantwortungen dürft ihr bei öffentlichen Produktionen übernehmen?
    Auch daran denken, das eine Nebenbeschäftigung während der Ausbildung mit dem Ausbildungsbetrieb abgeklärt werden muss und eigentlich nicht in einem Konkurrenzgewerbe stattfinden darf, was du mit deinem Unternehmen ja dann vermutlich wärst.
    Ansonsten kann ich dir nur den Tipp geben, dass ein guter Ausbildungsbetrieb Gold wert ist, hier lohnt es sich, gründlich zu suchen, sonst steht man am Ende 3 Jahre im Lager und wird als billige Arbeitskraft missbraucht ohne was zu lernen.


    EDIT:
    Noch eine kleine Ergänzung: Die TA-Lärm ist mir persönlich auch noch immer ganz wichtig. Muss ja nicht jeder Gast mit blutenden Ohren von einer Veranstaltung nach Hause fahren ;)

  • In der BGI 810-3 steht viel sinnvolles drin, ist aber wie der Name verrät nur eine Informationsschrift. Würde ich trotzdem als Branchenstandart bezeichnen und wenn man sich dran hält, sollte eigentlich nichts schief gehen.


    Heißt mittlerweile auch wieder anders. Hab mal ne Liste aus Mai 2015 beigelegt.
    Auch wenn da nur "Informationsschrift" drübersteht - das ganze Thema Sicherheit hat sich mittlerweile ziemlich gewandelt. Grob gesagt bekommst Du keine harten Vorschriften mehr, dafür ständig sich ändernde Informationen zum "Stand der Technik". Dann geht man davon aus: Handelst Du danach, passiert nix. Umgekehrt: Passiert was, geht man davon aus, dass Du nicht danach gehandelt hast.
    Wer was darf steht auch in dem Dokument drin, das "Sicherheit_bei_Veranstaltungen_und_Produktionen" heißt. Ich meine, das ist eine neue Zusammenstellung dessen, was früher BGI 810 hieß. Gerade die Seiten 57 ff sind da ein heißer Tipp und recht ernüchternd für angehende Veranstaltungstechniker noch ohne Ausbildung.

    Quote


    Das zweite ist die (Muster-)Versammlungsstättenverordnung, leider von Bundesland zu Bundesland etwas unterschiedlich, aber da steht viel wichtiges zu Fluchtwegsbreiten etc. drin.


    Sicher - nur hat man als Veranstaltungstechniker da alles schon vorgekaut bekommen. Fluchtwege sind ein Thema des Baus der Versammlungsstätten. Da gehört dann ein (oder mehrere) genehmigte Bestuhlungsplan dazu und von dem darf auch der Ingenieur für Veranstaltungstechnik erst mal nicht abweichen. Insofern ist das "nice to know" (und in den Prüfungen zum Baurecht für V-Techniker wird gerne darauf herumgeritten), aber NICHT Tagesgeschäft.

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    Das hier ist auch ganz spannend, hier geht es ein bisschen um die qualifikationen, die für bestimmte Bereiche benötigt werden: http://www.ihk-bonn.de/fileadm…/Versammlungsstaetten.pdf


    Auch wenn Ihr über die Erleichterungen nach §40 (den gibt es z.B. auch so in der VSTättVO BW) in den Genuß der Arbeit in einer Versammlungsstätte (die den Geltungsbereich erfüllt) kommt, werdet Ihr z.B. mit der Frage der Fluchtwegbreiten nie konfrontiert sein. Wenn da ein Fluchtweg ist, muss der in der Originalbreite verfügbar sein, wie sie im Bestuhlungsplan, Fluchtwegplan o.Ä. dokumentiert ist.

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    Super das du die Ausbildung zur Fachkraft macht, aber wegen der Unternehmensgründung bitte an ein paar Sachen denken und gut vorher abklären lassen: Was dürft ihr überhaupt ohne Ausbildung machen?


    Alles und nichts. Das Gewerberecht sieht erst mal keine Einschränkung vor. (Vermietung und Betrieb von Veranstaltungstechnik ist - zumindest in BW - nicht erlaubnispflichtig nach Gewerberecht.) Und obwohl es (analog zum Industriemeister) auch einen umfassenden "Meister" gibt, der außer der fachlichen Qualifikation auch die allgemeine Befähigung enthält, ein Unternehmen zu führen (das ist der "FÜT" in der Meisterausbildung) und die Berechtigung, auszubilden (der "AEVO" bzw. "AfA"), darf man auch als Unqualifizierter zumindest einen Verleih aufmachen.
    Aber als Betrieb gehört Ihr zwangsläufig irgend einer BG an - in der Veranstaltungstechnik ist das üblicherweise die VBG (Verwaltungs-BG). Und dann greift deren Regelwerk. Keine Angst, die Regeln sind harmonisiert.
    Verleiht Ihr elektrische Betriebsmittel, greifen (nicht nur über die BG, da sind dann auch noch Richtlinien der EU und entsprechende nationale Gesetze im Eingriff) dann weitere Vorschriften - z.B. müsst Ihr die Betriebsmittel in ausreichenden Abständen prüfen. (DGUV-Vorschrift 3, ehemals BGV A3) Das könnt Ihr einkaufen (dann braucht Ihr die Quali nicht), oder Ihr habt die Quali und macht es selbst.
    Die Liste ist ziemlich lange und nicht umsonst steht (entlehnt aus dem Handwerk) die eigene Unternehmensgründung erst gegen Ende der möglichen Qualifikationsstufen an (also beim Meister, der in seiner Ausbildung auch ganz viel darüber lernt, wie er an die Informationen kommt, die hier auf wenigen Forenseiten angerissen werden). Je größer ein Betrieb, desto unwahrscheinlicher ist, dass der Inhaber alle nötigen Qualis auf sich vereint - er kauft sich die Qualifikation von Fall zu Fall oder über sein Personal dauerhaft ein.

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    Welche Verantwortungen dürft ihr bei öffentlichen Produktionen übernehmen?


    Siehe ehemalige BGI 810, jetzt "Sicherheit bei Veranstaltungen und Produktionen" - keine!
    Übrigens: verbeißt Euch nicht am Begriff "öffentliche Produktion". Der Bereich, der als "privat" rechtsfrei scheint, ist minimal. Und gerade wenn das Gegenüber "privat" ist, steht ihm als Verbraucher sogar noch erhöhter Schutz zu, den man zwischen Vollkaufleuten vielleicht anders aushandeln kann.

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    Auch daran denken, das eine Nebenbeschäftigung während der Ausbildung mit dem Ausbildungsbetrieb abgeklärt werden muss und eigentlich nicht in einem Konkurrenzgewerbe stattfinden darf, was du mit deinem Unternehmen ja dann vermutlich wärst.


    Da sehe ich auch noch einen ziemlichen Haken - so lange der zukünftige Ausbildungsbetrieb nicht ganz sicher ist, dass Ihr erst mal denen zur Verfügung steht. Manche Betriebe bilden auch mit dem Ziel aus, Eigenbedarf zu decken (jaja, solls auch in dieser Branche noch geben) - und da ist es dann schon ein Haken, wenn man schon beim Vorstellungsgespräch sagt "ich will hier nur lernen, aber parallel ziehen wir unser eigenes Ding hoch".

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    Noch eine kleine Ergänzung: Die TA-Lärm ist mir persönlich auch noch immer ganz wichtig. Muss ja nicht jeder Gast mit blutenden Ohren von einer Veranstaltung nach Hause fahren ;)


    Mal abgesehen davon, dass alle beruflich an der Veranstaltung beteiligten auch Beschäftigte sind und damit weitreichenden Schutz was Immissionen aller Art angeht genießen.


    BTW: Die Kollegen unseres südlichen Nachbarn sind da einen Schritt weiter:
    Schall- und Laserverordnung zum Schutz des Publikums.


    Oh - gerade fällt mir noch ein: Der VPLT ist auch ganz rührig im Schaffen von Branchenstandards. http://vplt.org/


    Und übrigens: Als Betrieb unterliegt Ihr natürlich der Betriebssicherheitsverordnung. Auch die sollte man mal gelesen und verstanden haben.

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